Über die Behauptung "Wunsche sich nur gut, solange man sie noch vor sich hat" läßt sich lange diskutieren. Es kommt auf die Wünsche selbst an. Wenn es sich um Gegenstände handelt, so verfliegt der Reiz des Unerreichberen genauso wie der Reiz des Neuen relativ schnell. Wünschen wir uns ein teures Kleidungsstück oder eine exklusive Ledertasche, dann, wenn wir sie bereits besitzen, träumen wir bald von anderen Gegenständen, die möglicherweise noch schöner sind. Wünschen wir uns ein Handy oder einen Computer, wissen wir ihre Vorzüge auch nach längerer Zeit zu schätzen.

Ich kannte junge Leute, dessen größter Wunsch ein Auto war. Es waren Studenden, die sich aus finanziellen Gründen kein Auto leisten konnten. Als es so weit war und ein schöner Wagen endlich vor ihrem Haus stand, hatten sie lange große Freude daran und bis heute, wie ich unlängst erfahren habe, fahren sie die schon etwas abgenutzten "Technikwunder".

Es gibt Wünsche, die nicht materieller Natur sind. Tausende von Abiturienten wünschen sich ein gutes Abitur, Studenten träumen von einem glücklichen Studienabschuß. Solange diese Wünsche unerfüllt bleiben, finden sie keine Ruhe, leiden unter Ängsten und Unsicherheiten. Man wundert sich hinterher über das eigene Bangen und Fürchten, eigentlich war es doch nicht so schwer. Ich kenne aber niemanden, der das Abi oder den Studienabschluß noch einmal erleben möchte. Erst die Erfüllung bringt die wahre Freude.

Es gibt Menschen, die sich zu reisen wünschen. Nach der Reise werden sie nicht behaupten, daß nur der Wunsch an sich schön war, sei es, ihnen ist etwas Schlimmes widerfahren. Sie nehmen von der Reise Erlebnisse, Erfahrungen, Erinnerungen mit. Natürlich ist die Vorfreude die schönste Freude. Nicht selten werden aber unsere Erwartungen von dem real Erlebten übertroffen.

In manchen Fällen trifft die oben erwähnte Behauptung zu. Nehmen wir als Beispiel junge und schöne Mädchen, die sich über alles in der Welt eine Model-Karriere wünschen. Sie durchleben in ihren Träumen alle Vorteile dieses Berufes: Ruhm, Reichtum, Luxus und Bewunderung. Geht bei manchen von ihnen dieser Wunsch in Erfüllung, müssen sie die Erfahrung machen, daß Models unglaublich hart arbeiten, daß die Konkurrenz unerträgliche Formen annehmen kann. Nicht selten weden sie wie Requisiten behandelt und ihrer Privatheit beraubt. Dann ist der Wunsch, Model zu sein, tatsächlich nur gut, solange man ihn vor sich hat.

Unsere Wünsche sollen unsere realen Möglichkeiten nicht übersteigen, aber auch nicht zu bescheiden ausfallen. In beiden Fällen wird aus ihrer Erfüllung Enttäuschung resultieren.